These:
Das übliche, weit verbreitete Herausstellen des hohen Dieseldrehmoments als Leistungskriterium und zum Vergleich von Fahrzeugfahrleistungen ist sachlich falsch und irreführend.
Eine normierte Darstellung wäre allgemein dringend zu empfehlen.


Leistungsvorteile, Grund für den Trend?

Hier gibt es in der Öffentlichkeit die meisten Fehlinterpretationen.
Verursacht durch unqualifizierte Aussagen über dieses Thema von Fachjournalen, Fachpresse der Autohersteller, Kfz-Verkäufer usw. Slogans wie "hohes Drehmoment" oder "bulliger Anzug" haben sich eingebürgert wie das Unwort "Stundenkilometer".
Hervorgehoben werden im Vergleich zu dem Benziner das "hohe Drehmoment" und der "rasche Drehmomentanstieg" und "viel Kraft auf die Räder". Das meiste davon ist Unsinn, wie auch eine der Schlussfolgerungen, der Diesel wäre besonders als Caravan-Zugwagen zu empfehlen. Sehen Sie selbst:

Für die maximale Leistung eines Autos ist die maximale Leistung des Motors ausschlaggebend. Und Leistung ist physikalisch proportional dem Produkt aus Drehzahl und Drehmoment.

Leistung ~ Drehzahl x Drehmoment

(mehr Theorie dazu bei KFZ-Technik Wiesinger)
Das Drehmoment ist somit nur die halbe Wahrheit. Erreicht ein Motor die doppelte Drehzahl wie ein Vergleichsmotor, so braucht dieser Motor nur das halbe Drehmoment um die gleiche Leistung zu erbringen.
Oder glaubt jemand, dass zwei nebeneinander berganfahrende Radfahrer unterschiedliche Leistungen vollbringen nur weil der eine mit hoher Kraft im 5. Gang langsam tritt und der andere leichter und schneller im 1. Gang?
Für den Diesel bedeutet das, dass er seine geringere Drehzahl mit einem höheren Drehmoment kompensieren muss.

Diese Tatsache wird nirgendwo erwähnt. Alle üblicherweise abgedruckten Drehzahl- und Drehmomentkurven lassen somit einen direkten Vergleich der Motoreigenschaften nicht zu und sind irreführend, sie sollten in dieser Art nicht publiziert werden.
Ein Vergleich wird erst möglich, wenn z. B. bei einer Leistungs-, Drehzahlkurve eine Normierung auf die Drehzahl eines bestimmten Motors oder auf 100% durchgeführt wird.
Im Beispiel also auf der Abszisse des Diagramms der Punkt für 4.000 bzw. 6.000 Umdrehungen gleichgesetzt wird.
Will man auch den Drehmomentverlauf vergleichbar machen, so muss man einmal die Drehzahl normieren und das Drehmoment entsprechend dem Verhältnis der maximalen Drehzahlen umrechnen.
So werden aus 300 Nm bei 4.000 U/min »» 300 x 4.000 / 6.000, d.h. 200 Nm.
Damit kommt bei beiden die gleiche Leistung auf die Straße.
Diese Aufgabe der Umrechnung übernimmt im Auto das Getriebe.

Anwendung der Normierung

Die Normierung von Drehmoment und Leistung lässt sich anschaulich zum Vergleich von Motoren mit gleicher Maximalleistung (und auch Höchstgeschwindigkeit) anwenden. Es bietet sich z. B. der

VW Passat als 2,3 Liter VR 5 (5 Zylinder Benziner), als 1,8 T (Turbobenziner) und als 2,5 TDI (6 Zylinder Turbodiesel) an.
Im Bild die übliche Darstellung von Drehmoment und Drehzahl sowie Leistung und Drehzahl:


Drehmoment und Drehzahl - übliche Darstellung



Leistung und Drehzahl - übliche Darstellung


Eine tendenziöse und unqualifizierte Darstellung wählte wie üblich z. B. auch "Auto Bild" in Heft 9/99. Im Text wurde von "einem bulligen Motor" mit einem "hoch über den Benzinern thronendem Drehmoment" des Diesel geschwärmt.
Enttäuscht war man dann mit den Fahrleistungen, denn die Relationen waren dabei genau umgekehrt. Die Frage "warum" blieb offen.
Offensichtlich werden all diese Fehlinterpretationen, wenn man die Normierung und wieder den Nullpunkt für die Drehmomentkurven einführt. Die Leistungsunterschiede offenbaren sich dann als nur noch marginal, obwohl man hier Turbo mit Nichtturbo und Motoren mit sehr ungleichem Hubraum vergleicht.
Die minimal höhere Leistung des Diesels im mittleren Drehzahlbereich wird durch das höhere Gewicht mehr als voll aufgezehrt. Genau das belegen die gemessenen Fahrleistungen.
Im Bild die normierte Darstellung von Drehmoment und Drehzahl sowie Leistung und Drehzahl:


Drehmoment und Drehzahl - normierte Darstellung



Leistung und Drehzahl - normierte Darstellung


Etwas erstaunt? Dies ist der Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit.
Klar zu sehen: Der Turbo verhilft dem Diesel zu einem "schnellen" Drehmomentanstieg aber spät, was der Grund für die bekannten Anfahrschwächen der Turbodiesel ist.
Der VR 5 lässt sich dagegen noch locker mit 1000 U/min fasst geräuschlos fahren und hat immer noch genug Leistung.
Warum sechs Gänge anfänglich nur beim Diesel angeboten wurden ist nach meinem Briefwechsel wohl auch dem VW-Marketing klargeworden, es ist der engere, nutzbare Drehzahlbereich und nicht das "höhere Drehmoment" des Diesels!

VW Touran, TSI, DSG, 140 PS und Touran TDI, DSG, 140 PS
als neueres Beispiel: Angegeben werden für den TSI "nur" 220 Nm bei 1500 - 3500 U/min und für den TDI immerhin 320 Nm von 1750 - 2500 U/min.
Welcher Motor beschleunigt besser oder zieht z.B. einen Wohnwagen besser?

Drehmoment und Drehzahl, Leistung und Drehzahl - normierte Darstellung (Anstieg und Abfall vereinfacht dargestellt)

Alles klar? 3,5 % Mehrleistung in einem kleinem Drehzahlband stehen eine sehr große Elastizität gegenüber und keine Anfahrschwächen! Wer wird den TDI ernsthaft noch wollen, wenn er dazu bedenkt, dass beide etwa das gleiche CO2 ausstoßen, der TDI aber dazu noch 10 mal mehr Stickoxyde? Und das bei 2200 Euro Mehrpreis!


BMW530i und BMW530d (Bj.2004): Aufgrund einer kuerzlich geführten Diskussion ueber die bessere Tauglichkeit als Zugfahrzeug:
Der 530d hat ein max.Drehmoment von 500Nm und max. 160kW bei 4000 U/min, der 530i "nur" 300Nm sowie 170kW bei 5900U/min und soll schlechter "ziehen" als der 530d.
Nehmen wir an, die Getriebe wären so übersetzt, dass diejeweligen Endgeschwindigkeiten von 245/250km/Std etwa mit den max. Drehzahlen zusammenfallen wuerden, so ergaebe sich folgender, auf 100% Drehzahl oder Geschwindigkeit bezogene Leistungsverlauf:

Tatsächlich hat also der Diesel im mittleren Drehzahlbereich etwas mehr Leistung, der Benziner ist jedoch wesentlich elastischer, hat v.a. im niedrigen Drehzahlbereich deutlich mehr Leistung!(Anfahren!!!). Falls man die volle Leistung je brauchen sollte ist eben Schalten angesagt!
Dieser Leistungsvergleich gilt für 100% Drehzahl bei der Endgeschwindigkeit. Das Getriebe des Benziners ist wegen der hohen Leistung jedoch so ausgelegt, dass dies im 5. Gang gilt. Der 6. wuerde die volle Drehzahl erst bei 283km/Std erreichen, ist also als Overdrive ausgelegt.
Bei 80km/Std, also Wohnwagengeschwindigkeit, hat der Benziner selbst im 6.noch mehr Leistung, man kann also mit, relativ zum Diesel, geringerer Drehzahl und schaltfauler fahren.

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